Christoph Grissemann und Robert Stachel gehen zum Psychotherapeuten (DER STANDARD)

Das Kabarettduo konsultiert in seiner ersten gemeinsamen Rabenhof-Show „Rouladen“ diverse Seelendoktoren. Helfen tut das nur den Lachmuskeln

Stefan Weiss

rwandlungskünstler und Stimmenimitatoren: Robert Stachel und Christoph Grissemann therapieren sich in "Rouladen" gegenseitig.
Foto: Pertramer, Rabenhof
Verwandlungskünstler und Stimmenimitatoren: Robert Stachel und Christoph Grissemann therapieren sich in „Rouladen“ gegenseitig.
Foto: Pertramer, Rabenhof


Rouladen zählen vielleicht nicht ohne Grund zu den historischen Leibspeisen des gemeinen Österreichers. Lässt sich darin doch allerhand ungesundes Zeug einwickeln, das Blutdruck und Zuckerspiegel hebt, wobei die glatt gestrichene Oberfläche zugleich Ordnung und Ruhe suggeriert. Das Böse bleibt so in Schach, obwohl man es sich genüsslich einverleiben darf.

Auf Rouladen sowohl als Titel als auch Metapher einigen konnten sich Christoph Grissemann und Robert Stachel nun für ihr erstes gemeinsames Kabarettduett im Wiener Rabenhof. Der eine steht mehr auf selbstgemachte Rindsrouladen, der andere auf marmeladegefülltes Biskuit nach Omas Art. Das allein gibt natürlich schon genug her, worüber man sprechen könnte. Es ist aber auch so, dass sich die beiden ein toxisches Arbeitsumfeld in der humoristischen Nacht-und-Nebel-Sendung Willkommen Österreich teilen – der eine als Moderatorenhälfte, der andere als Stimmenimitatorenhälfte von Maschek. Das will therapiert werden.

Und so kommt es, dass man auf der Bühne des Rabenhofs Einblick in mit Gummibaum und schlechter Kunst eingerichtete Altbaupraxen diverser Psychotherapeuten bekommt. Die wie Rouladen eingewickelten Neurosen, Traumata und Dispositionen sollen dort fachmännisch ausgewickelt werden. Blöd nur, dass sich die mehr oder weniger Therapiewilligen wie die zielgenau am Thema vorbeiredenden Therapeuten dabei immer wieder neu und falsch verwickeln.

Dialoge wie bei Loriot

Grissemann gibt seinen Doktor als Parodie des aus Funk, Fernsehen und Triebtäter-Sachbuchliteratur bekannten Gerichtsgutachters Reinhard Haller mit Vorarlberger Idiom. Dessen Sätze, so schwer und seriös wie Felsblöcke, klingen immer schlau, können Robert Stachel bei seinem Minderwertigkeitsproblem aber wenig helfen, und hinter dem Stimmenimitatoren-Talent (Kurz, Nehammer, Schwarzenegger, Van der Bellen, Merkel …) vermutet der Doktor eine klassische Persönlichkeitsstörung.

Dann werden Plätze getauscht, und Grissemann sitzt einem deutschen Seelentröster gegenüber, der mehr an seinem persönlichen Philosophicum denn am Therapiefortgang interessiert scheint. Immerhin kommt der verborgene Wunsch ans Licht, dass sich Grissemann von seiner Frau als Roulade verspeisen lassen will. Das ist dann der Gipfel der absurden Komik, die das Duo auf der Bühne entwickelt. Die Dialoge erinnern an Loriot, ein erklärter Held Grissemanns. Den hat er mit Dirk Stermann schon öfter auf die Bühne gebracht.

Als weitere parodierte Figuren treten auf: ein drittklassiger Schauspiellehrer auf Zakynthos mit einem Hemd, so offenherzig wie jenes von Philipp Hochmair, und einem Umgangston, der Herbert Föttinger das Fürchten lehren würde; ein jüngerer Comedystar, der vor lauter Terminen als wandelndes Burnout beim Doktor landet; und eine Provinzkopie des kroatischen Wunderheilers Braco mit dem „gebenden Blick“.

Garniert wird dieses lose Sammelsurium an skurrilen Szenen mit Parodien auf die gegenwärtige mediale Überflutung mit Podcasts: Da darf sich dann Grissemann als Wolfgang Fellner den Robert Stachel als Sebastian Kurz zurückwünschen. Ein handwerklich gut gemachter Abend.


willibald will

Wirklich schlau und sehenswert!

Mir gefiel der Abend sehr!
Ich ging mit gemischten Gefühlen hin, da mich das „Therapie-Thema“ selbst 
betrifft, befürchtete ich mir würde es zu klamaukig sein.
Das ist es nicht. Im Gegenteil.
Natürlich brachten mich viele der gut gespielte Szenen vor allem zu Beginn zum Lachen. Die beiden sind halt Profis. 
Die Choreografie ist jedoch vielschichtiger und erliegt nicht der Versuchung Gag an Gag zu reihen.
Mich persönlich berührte rückblickend ein Gespräch in dem Grissemann Grisseman und Stachel Stachel spielt (!) am meisten.
Zwischen den Beiden „stimmt die Chemie“ und davon lebt der Abend zusätzlich
zum professionellen Handwerk.
Danke dafür an das Team und den Rabenhof.


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