Modern Stalking

erschienen 2014 als Vorwort zum Buch „Modern Stalking“ von Michael Dufek. (erschienen im Holzbaum Verlag)

Was bedeutet der Name? Kann man davon leben? Und wie kommt man auf so etwas? Die drei immergleichen Fragen des Redakteurs an den jungen Künstler. Michael Dufek verdient es, diese Themen gleich im Vorwort beantwortet zu kriegen. Also: Die Marke Dufitoon ist – unschwer nachvollziehbar – eine Zusammensetzung aus dem Nachnamen und dem Produkt des Künstlers. Die Marke ist gut, denn sie wächst mit. Sie passt zu dem, was Dufek jetzt – beim Steilwandanstieg seiner Karriere – macht, und sie passt auch, falls Dufek aus seiner Kunst ein Multimillionen-Unternehmen machen möchte, das computeranimierte Kinofilme in 3D produziert. „Hast schon den neuen Dufitoon gesehen?“ Klingt nicht verkehrt. „Meine Kinder kriegen gar nicht genug von diesem Dufitoon-Spielsachen“. Geht sich aus.

Michael Dufek plant aber gar keine solche Expansion, denn das Gute ist: Michael Dufek muss gar nicht von seiner Kunst leben, denn er hat eine Anstellung bei der Flugsicherung am Flughafen Wien-Schwechat. Seit ich das weiß, fühle ich mich im Luftverkehr wieder viel sicherer. Jemand, der so zeichnet, lässt doch sicher kein Flugzeug am Himmel unbeobachtet. Was aber, wenn er in seiner Dienstzeit eine Idee für einen Cartoon hat? Ich bin sicher, dann bittet er einen Kollegen um eine kurze Auszeit, skizziert den Gedanken schnell und knapp – und arbeitet ihn nach Feierabend so gewissenhaft aus, wie er tagsüber seinen Job macht.

Schwieriger ist schon die Frage zu beantworten, wie er auf sowas kommt. Das weiß er ja wahrscheinlich selber nicht. Wüsste man als komischer Künstler, wie man auf komische Ideen kommt, dann gäbe es eine Universität für Komische Künste und verdiente komische Branchenhasen würden sich alle paar Jahr um komische Lehrstühle prügeln. Für derlei Theorie hätte Dufek gar keine Zeit, denn er muss ja Flüge sichern. Was also macht den Dufekschen Humor aus?

Was sein flotter Strich nicht gleich erkennen lässt: Michael Dufek ist ein Genauer. Bis zur Grenze des Peniblen beobachtet er unsere Welt und ihre Sprache, ihre Codes. Und findet ihre Widersprüche, ihre Fehler, ihre Ungereimtheiten. Doch ehe er zu einem trauernden Erbsenzähler wird, findet er im letzten Moment den Absprung in die Ironie. Das ist seine Kunst. Ein Wortklauber, der es mit der Sprache so genau nimmt, könnte ja auch jemand werden, der in seiner Freizeit Leserbriefe an die Presse schreibt und über sich häufende Orthographiefehler lamentiert. Michael Dufek jedoch macht einen Cartoon, in dem ein Flugzeug das Wort „fligen“ (sic!) in der Himmel schreibt: „Deshalb wurde Herr Franz Pilot und nicht Germanist.“ Dufeks Humor therapiert gleichzeitig das Leiden, aus dem er entspringt. Das Leiden am Unvollständigen, am Ungenauen, am Dummen.

„Gehts scheißen“ in riesigen Lettern aggressiv über eine Klomuschel gekrakelt, darunter der Bildtext „Wohl überlegtes Graffiti.“ Das ist erstmal einfach sehr lustig. Und trotzdem vermeint man dahinter auch das bürgerliche Unwohlsein über Vandalismus an öffentlichen Wänden zu spüren. Ob es der Künstler selber hat, spielt gar keine Rolle, aber der Dufek ruft es in mir, seinem Leser, auf. Und das gefällt mir. Das hat direkt was von Loriot.

Vielleicht hat es Facebook gebraucht, damit so einer wie Michael Dufek endlich rauskommt. Geben tut es ihn ja schon lang. Denn obwohl er viele Jahre jünger aussieht, ist er älter als ich, geht schon auf die Mitte Vierzig zu. Aber ab jetzt können wir ihn ja rund um die Uhr beobachten, indem wir die Dufitoons abonnieren. Und wir werden – ganz modern – seinen Zeichnungen hinterher stalken, so wie er den Flugzeugen am Firmament.

Robert Stachel (42) kommt aus Niederösterreich, kann nur ein bisschen zeichnen und ist Teil der Mediensatiregruppe maschek.


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